Die NRW-Landesregierung hat ihren Vorschlag für eine Lösung der Altschuldenfrage zurückgezogen, möchte diesen bis 2024 überarbeiten und ab 2025 umsetzen. „Für die Würde unserer Städte“ respektiert den Schritt und bietet einen konstruktiven Dialog für die kommenden Monate an.
Die Haushaltslage in den finanzschwachen Kommunen in Nordrhein-Westfalen verschlechtert sich derzeit auf dramatische Weise. Deshalb hätten sich die Betroffen eine baldige Altschuldenlösung als einen Schritt der Hilfe gewünscht und am ersten Vorschlag der NRW-Landesregierung weiter mitgearbeitet. Die Landesregierung hat allerdings entschieden, den Vorschlag angesichts der einmütig vorgetragenen Kritikpunkte der kommunalen Spitzenverbände, des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ und weiterer Experten zurückzuziehen und für das nächste Jahr eine neue Lösung zu erarbeiten, die ab 2025 greifen soll. „Wir bieten weiterhin einen konstruktiven Dialog an“, sagte Christoph Gerbersmann, Sprecher von „Für die Würde unserer Städte“ am Dienstag.
Die Landesregierung hatte im Juni in einer Pressemitteilung den Einstieg in die Lösung der Altschuldenfrage angekündigt. Der Vorschlag sah vor, Kommunen mit einer Verschuldung von mindestens 100 Euro pro Kopf durch eine Umverteilung der Mittel aus der Grunderwerbssteuer zu entlasten. Sollte die dafür erforderliche Gesamtsumme nicht reichen, hätte das Land garantiert, dass diese dennoch zur Verfügung steht.
Das Bundesfinanzministerium sah den Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen nicht als ausreichend an, um einen eigenen Anteil an einer Altschuldenlösung zu leisten. Das Vorhaben, dass der Bund 50 Prozent der Schuldenlast übernimmt sowie Länder und Kommunen jeweils 25 Prozent, setze voraus, dass jedes betroffene Bundesland eine eigene Leistung erbringe. Dies sei bei der Regelung in NRW nicht der Fall.
Aus Sicht der finanzschwachen Kommunen, die sich im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ zusammengeschlossen haben, sollte die künftige Regelung folgende fünf Aspekte berücksichtigen:
- Eigener Landesbeitrag: Die neue Regelung von Nordrhein-Westfalen muss so gestaltet sein, dass sie eine Bundesbeteiligung ermöglicht. Ohne die hälftige Übernahme der Schulden durch den Bund wird es für die betroffenen Kommunen schwer, die Altschuldenfrage zu lösen. Das Bundesfinanzministerium hat klar definiert, unter welchen Bedingungen der Bund bereit ist, seinen Anteil zu leisten. Unabhängig von dieser Aussage sieht das Bündnis allerdings den Bund in einer eigenen Verpflichtung. Der Bund trägt nachweislich durch seine Gesetzgebung eine Mitverantwortung für die Entstehung der Altschulden.
Eine Landesbeteiligung würde nach unseren Berechnungen 250 bis 300 Millionen Euro jährlich erfordern. Dies entspricht der Größenordnung des Stärkungspakts und ist in einem Etat mit einem Gesamtvolumen von mehr als 100 Milliarden Euro zu schaffen. - Spitzenlasten berücksichtigen: Es ist für NRW typisch, dass viele finanzschwache Kommunen extrem hohe Spitzenbelastungen durch Liquiditätskredite aufweisen. Diese Städte dürfen nicht durch eine gemittelte Lösung mit diesen Beträgen allein gelassen werden, sondern müssen durch die neue Regelung des Landes in besonderem Maße entlastet werden.
- Niedriger Sockel: Landes- und Bundesregierung haben in ihren Überlegungen die Altschuldenlösungen stets bei einer Verschuldung ab 100 Euro pro Einwohner in einer Kommune angesetzt. „Für die Würde unserer Städte“ unterstützt diesen Ansatz, um die Schulden möglichst umfassend abbauen zu können.
- Passender Zeitraum: Eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren, wie sie auch andere Bundesländer vorsehen, erscheint aus Sicht des Aktionsbündnisses realistisch. Die Laufzeiten dürfen nicht länger und damit so gestaltet sein, dass ein Plateau-Effekt eintreten kann, also durch Sondersituationen zu den noch nicht getilgten Schulden wieder neue Schulden hinzukommen. Eine Verlängerung des Tilgungszeitraums auf 50 Jahre bringt keine wirkliche Erleichterung, da sie zugleich den Zinsaufwand erhöht.
- Neuschulden verhindern: Zusammen mit der Lösung der Altschuldenfrage müssen Vorkehrungen getroffen werden, dass die Kommunen nicht erneut in eine solche Situation geraten. Neuschulden lassen sich am besten durch eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen und eine Reform der Förderpolitik, die ohne Eigenanteil der Kommunen sowie ohne aufwändige und personalintensive Antragsverfahren auskommt, erreichen.
„Wir vertrauen darauf, dass die Zeit nun genutzt wird, um intensiv eine gute neue Regelung zu finden“, sagte Christoph Gerbersmann für das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“.