Für gleichwertige Lebensverhältnisse und zukunftsfähige Kommunen im Saarland

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Das bundesweite Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert eine aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kommunen, eine Reform der Förderpolitik und den intensiven Einsatz für eine Altschuldenlösung auf Bundesebene. Betroffene Kommunen befinden sich in einem Dilemma wegen hohen Altschulden und geringen Einnahmen, hohen Sozialausgaben und geringen Investitionsmöglichkeiten, aus dem sie sich selbst nicht befreien können.

Das Saarlandpaktgesetz war ein wichtiger Schritt in Richtung Gerechtigkeit und ist deshalb auch Vorbild für Altschuldenlösungen in anderen Bundesländern. Die saarländischen Kommunen können dadurch Schulden in einer Höhe von einer Milliarde Euro abbauen.

Es war allen Beteiligten in diesem Zusammenhang aber auch immer bewusst, dass das Saarlandpaktgesetz nur die Hälfte des Problems löst. Denn die bei den Kommunen verbleibenden Kassenkredite müssen von diesen nach einem strikten Tilgungsplan über einen Zeitraum von 45 Jahren zurückgeführt werden. Die Kommunen benötigen daher dringend eine Altschuldenlösung des Bundes. Diese ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP als Vorhaben ausdrücklich genannt, Bundeskanzler Olaf Scholz hat dieses Ziel in seiner Antrittsrede vor dem Bundesrat im Februar bekräftigt. Die Umsetzung dieses Vorhabens sollte mit Nachdruck aus den Ländern vorangebracht werden.

Eine zweite wesentliche Veränderung, die sich seit dem Inkrafttreten des Saarlandpaktgesetzes ergeben hat, sind die finanziellen Folgen von Corona. Dank umfassender Hilfeleistungen sind die Kommunen insgesamt zwar gut durch die Krise gekommen. Die Unterschiede zwischen den Kommunen sind aber immens. Während beispielsweise die Kommunen in Baden-Württemberg in den vergangenen beiden Jahren kumuliert einen Überschuss in Höhe von 158 Euro pro Einwohner erzielten, mussten die saarländischen Kommunen negative Ergebnisse von in Summe 215 Euro pro Einwohner verkraften.[1]

Hinzu kommen seit Februar dieses Jahres die Auswirkungen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine auf die kommunalen Haushalte. Neben einem Anstieg der Rohstoff- und Baupreise stehen hierbei die Kosten für die Unterbringung der Kriegsvertriebenen, der Anstieg der Sozialausgaben und die notwendige Schaffung von Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur im Fokus.

In dieser für die Kommunen von großer Unsicherheit geprägter Situation beabsichtigte das Land im vergangenen Jahr den Kommunalen Finanzausgleich zu reformieren. Die Überprüfung beschränkte sich allerdings rein auf den horizontalen Finanzausgleich, d.h. die Verteilung der Finanzausgleichsmasse zwischen den Kommunen. Im Ergebnis hätten sich einige Kommunen zwar besser, andere aber bedeutsam schlechter gestellt. Eine Einigung mit der kommunalen Familie war nicht möglich, weswegen die dringend nötige Reform zunächst nicht weiterverfolgt wurde.

Angesichts dieser Entwicklungen appellieren das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ und seine Mitgliedskommunen an die neue Landesregierung in der nächsten Legislaturperiode eine faire Finanzverteilung wie folgt sicherzustellen:

  1. Die Finanzausstattung der Kommunen muss endlich aufgabenangemessen sein. Hierzu bedarf es einer echten Reform des kommunalen Finanzausgleiches. Diese muss den vertikalen Finanzausgleich beinhalten. Der bisherige Ausgleich für die von Bund und Land delegierten Aufgaben decken die tatsächlichen Kosten vor Ort nicht. Zwar hat der Bund seine Beteiligungen an den kommunalen Sozialausgaben deutlich erhöht. Angesichts weiter zunehmender Aufgaben etwa im Kinder- und Jugendbereich verlieren diese Entlastungen aber an Wirkung.
  2. Die betroffenen Kommunen können aus den genannten Gründen deutlich weniger investieren als andere Kommunen. Pro Kopf investierten beispielsweise die bayerischen Kommunen im vergangenen Jahr dreimal so viel wie die saarländischen Kommunen.[2] Dies wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die heute gängige Förderpolitik an Bedingungen geknüpft ist, die die finanzschwachen Städte und Gemeinden noch weiter abhängen. Sie haben oft nicht das Personal und nicht die Eigenmittel, um die Förderprogramme wahrnehmen und die damit verbundenen Verfahren durchlaufen zu können. Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert deshalb eine Reform der Förderpolitik auf Bundes- und Landesebene.
  3. Wie beschrieben gibt es Anlass zu vorsichtigem Optimismus, dass in der neuen Legislaturperiode des Bundestags eine Altschuldenlösung in Berlin gelingt. Diese ist für die betroffenen Städte und Kreise auch dringend erforderlich. Die benachteiligten Kommunen können nicht noch einmal vier Jahre auf eine Lösung warten. Wir fordern daher von der nächsten Landesregierung des Saarlands, sich intensiv und so schnell wie möglich für die Altschulden-Lösung des Bundes in Berlin einzusetzen. Denn eine absehbare Veränderung des Zinsniveaus wird die Situation der Kommunen mit weiterhin hohem Kassenkreditbestand bedeutend verschärfen.
  4. Trotz der umfassenden Corona-Hilfen seitens des Bundes und insbesondere des Landes müssen die saarländischen Städte und Gemeinden neue Defizite verzeichnen. Hinzu kommen nun die Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine. Wir fordern von der Landesregierung, dass der auf das Saarland entfallene Anteil in Höhe von rund 24 Millionen Euro der vom Bund in Aussicht gestellten Hilfen[3] vollständig an die kommunale Ebene weitergeleitet wird und dass sich das Land dafür einsetzt, dass die Kosten der Unterkunft für ukrainische Kriegsvertriebene vollständig vom Bund übernommen werden. Das Land muss außerdem sicherstellen, dass die entstandenen und entstehenden Kosten für die Schaffung von Sammel- und Gemeinschaftsunterkünften nicht bei den Kommunen hängen bleiben.

Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ kennt die Situation in den betroffenen Kommunen aus erster Hand und bietet gerne an, das kommunale Wissen über die aktuelle Lage und die Folgen möglicher Schritte mit den Verantwortlichen auf Landesebene zu teilen. Gerne würden wir uns mit Ihnen über die genannten Punkte austauschen und freuen uns über ein Gesprächstermin mit Ihnen.


[1] Eigene Berechnung nach Destatis, Vierteljährliche Kassenergebnisse der kommunalen Haushalte 2021, Kern- und Extrahaushalte.

[2] Vgl. Bertelsmann Stiftung, Kommunaler Finanzreport 2021, Haushaltslage 2020, Seite 43.

[3] Anteil laut Königsteiner Schlüssel Saarland 1,2% der Gesamthilfe in Höhe von 2 Mrd. Euro, die über die den Ländern über die Umsatzsteuer zur Verfügung gestellt werden sollen.