Was die Parteien im Saarland für finanzschwache Kommunen tun wollen

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Im Saarland wird am 27. März ein neuer Landtag gewählt. Das Aktionsbündnis “Für die Würde unserer Städte” hat den dortigen Parteien sieben Fragen rund um finanzschwache Kommunen und mögliche Hilfen gestellt. Die Antworten, die wir erhalten haben, lesen Sie hier:

1. Wie bewerten Sie die bisherige Wirkung des Saarlandpaktgesetzes?

CDU Mit dem Saarlandpakt als echtem Entschuldungs- und Zukunftspakt, den Finanzhilfen in der Corona-Pandemie und weiteren Investitions- und Förderprogrammen unterstützt die saarländische Landesregierung die Städte und Kommunen in erheblichem Maße. Zwischenzeitlich wurden bereits mehr als 30 Kommunen vollständig die zur Übernahme vereinbarten Kassenkredite durch das Land übernommen und so weitere Investitionsspielräume geschaffen.
Viele Kommunen sind dennoch nach wie vor in einer schwierigen finanziellen Situation. Für die Lebens- und Standortqualität im Saarland ist dies auch aus der Sicht der CDU Saar eine schwere Hypothek. Der Saarlandpakt entfaltet hier zwar seine Wirkung und entlastet die Kommunen bei den Kassenkrediten; zugleich wachsen jedoch die Aufgaben und Investitionsbedarfe immer weiter an. Wir werden daher den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich im Saarland als wichtige Einnahmequelle der kommunalen Ebene kurzfristig erneut begutachten und regelmäßig evaluieren, um eine faire Mittelverteilung auf Basis tatsächlicher Bedarfe zu gewährleisten, und Verbesserungsmöglichkeiten entsprechend der unabhängigen Gutachten umsetzen. Wir fordern vom Bundeskanzler, dass er zu seiner früheren Zusage steht und für die finanzschwachen Kommunen eine tragfähige Altschuldenübernahme-Regelung durch den Bund vorlegt

SPD Der Saarlandpakt ist ein Meilenstein in der Sicherung der Handlungsfähigkeit unserer Kommunen. Mit ihm haben wir die Hälfte der kommunalen Kassenkredite auf das Land übertragen. Jetzt braucht es die Übernahme der Altschulden der Kommunen durch den Bund. Wir kämpfen für eine Altlastenregelung für unverschuldet in Schieflage geratene Kommunen. Sie muss endlich kommen.
Außerdem haben wir mit diesem Gesetz die Elternbeiträge bei den Kitas halbiert und damit die Hälfte des Weges bis zur Beitragsfreiheit geschafft.

Bündnis 90/Die Grünen Die Zuwendungen aus dem Saarlandpakt haben insbesondere den Notstandsgemeinden, die keine Mittel hatten, um sinnvolle Investitionen zu planen, sehr geholfen. Seit langer Zeit haben viele wieder positiv in die Zukunft geblickt – bis Corona kam.

FDP Der Saarlandpakt ist ein guter Anfang, wird aber nicht reichen. Wir brauchen auch eine Gebiets- und Strukturreform im Saarland. In Sachen interkommunale Zusammenarbeit und Digitalisierung von Back-Office Aufgaben saarländischer Kommunen geht es zu langsam voran.

2. Corona hat die Kommunen finanziell stark getroffen, nach Auslaufen der Landeshilfen im kommenden Jahr erschwert dies die Einhaltung der Vorgaben aus dem Saarlandpaktgesetz erheblich. Welche Maßnahmen schlagen Sie mit Blick auf diese Entwicklung vor?

CDU Das CDU-geführte Innenministerium hat im Februar 2022 einen neuen Krediterlass verfügt, der es den saarländischen Städten und Gemeinden ermöglicht, für dringend erforderliche Investitionen insbesondere in KiTas, Schulen, Feuerwehrgerätehäuser oder den Ausbau schneller Glasfaserverbindungen zusätzliche Kredite aufzunehmen. Diese Weg möglicher Sonderkredite wollen wir auch künftig fortsetzen.
Als CDU Saar werden wir auch ein „Sonderprogramm Öffentliche Infrastruktur“ auflegen, um Kitas, Schulen, Dorfgemeinschaftshäuser, Sporthallen und kommunale Straßen und Versorgungsnetze zu modernisieren und auf diesem Weg eine kommunale Investitionsoffensive zu unterstützen.
Siehe darüber hinaus Antwort auf Frage 3.

SPD Die Zinsbelastung und die Tilgung der Kassenkredite der Kommunen durch den Saarlandpakt stellen eine dauerhafte Entlastung dar. Durch die Änderung des § 6 Gemeindefinanzreformgesetz (Reduzierung der Gewerbesteuerumlage) bleiben zusätzliche Mittel im kommunalen Haushalt.
Wir werden die Kommunen auch mit den Folgelasten der Pandemie nicht alleine lassen. Um den im Grundgesetz verankerten Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse verwirklichen zu können, bedarf es einer gerechteren Verteilung der Umsatzsteuer, beispielsweise durch eine Anknüpfung an die Zahl der Einwohner:innen statt an die Wirtschaftskraft.
Zusätzliche Maßnahmen sind Förderprogramme, die den Kommunen zur Verfügung gestellt werden.

Bündnis 90/Die Grünen Siehe Antwort zu den Fragen 5 und 6

FDP Durch eine Gebiets- und Strukturreform und eine interkommunale Zusammenarbeit sind Synergieeffekte möglich. Zudem wollen wir eine Novellierung des kommunalen Finanzausgleichs.

3. Wie soll das Saarland den benachteiligten Kommunen über die bisherigen Maßnahmen hinaus helfen, wenn auf Bundesebene keine Altschuldenlösung zustande kommen sollte?

CDU Siehe Antwort auf Frage 2 und 5.
Wir wollen darüber hinaus die bestehenden Aufgaben- und Finanzierungsstrukturen mit Blick auf den demographischen Wandel, die Möglichkeiten digitalisierter Verwaltungsprozesse sowie die demokratische Teilhabe und Bürgernähe grundlegend überprüfen. Um die Leistungsfähigkeit zu sichern, werden wir kommunale Geschäfts- und Verwaltungsprozesse standardisieren, straffen und digitalisieren; parallel dazu werden wir auch weitere Anreize zum Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) schaffen, um Effizienzen zu steigern und Kosten zu senken, vor allem unter Nutzung der Möglichkeiten der voranschreitenden Digitalisierung. Auch über die IKZ hinausgehende Bestrebungen in Form von freiwilligen Fusionen von Kommunen werden wir fördern. Die Bereitschaft von Kommunen, sämtliche Synergien einer Zusammenarbeit auszunutzen, soll umfassend finanziell und organisatorisch unterstützt werden. Um die kommunale Selbstverwaltung in ihrer bewährten Form zu erhalten, muss die Attraktivität kommunaler Wahlämter und ehrenamtlicher Mandate zwingend verbessert werden. Kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und Mandatsträger werden deswegen mit uns in ihrer täglichen Arbeit auch durch Beratungsangebote bestmöglich geschützt und unterstützt. Außerdem brauchen wir einen echten „Konnexitäts- und Kommunal-Check“, um die Vorhaben des Landes im Sinne der Rechtssetzung und Maßnahmenplanung auf ihre (finanziellen) Auswirkungen bei den Kommunen zu überprüfen.

SPD Aus unserer Sicht steht der Bund schlicht in der Pflicht, die Altschuldenlösung anzupacken. Ohne diese wird es keine nachhaltige Basis für die kommunalen Finanzen geben. Es braucht selbstverständlich darüber hinaus weiterhin und verstärkt Förderprogramme auf Landes-/Bundesebene, die Kommunen zukünftig in Anspruch nehmen können. Auch eine Entlastung durch die Senkung des Eigenanteils an der Finanzierung kann für Kommunen hilfreich sein.
Hürden beim Mittelabruf für finanzschwache Kommunen werden abgebaut, z. B. durch die Reduzierung oder den Ersatz von Eigenanteilen.

Bündnis 90/Die Grünen Die unselige Vorfinanzierung von Maßnahmen der Bahn muss zum Beispiel abgeschafft werden! Es kann nicht sein, dass eine Gemeinde die sanierungsbedürftige Brücke über die Bahn über Jahre vorfinanzieren muss und dann keine eigenen Mittel mehr hat für wichtige Maßnahmen wie Grundschulneubau etc. 

FDP Sollte eine Lösung nicht zustande kommen, muss es eine konkrete Betrachtung geben, an welcher Stelle was konkret getan werden muss. Insgesamt müssen die Kommunen wieder in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen und investieren zu können. Übernommene Aufgaben sollten möglichst vom Besteller auskömmlich bezahlt werden.

4. Wie würde sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass im Bundesrat eine Mehrheit für eine Altschuldenlösung des Bundes zustande kommt?

CDU Die CDU Saar setzt sich seit vielen Jahren aktiv und gegenüber der Bundesregierung und den im Bundestag vertreten Fraktionen für eine Altschuldenlösung für unsere Kommunen ein. Mit dem Saarlandpakt haben wir darüber hinaus bereits unseren Beitrag zur Ermöglichung einer solchen Altschuldenlösung erbracht. Daher werden wir auch weiter gegenüber den Landesregierungen im Bundesrat für eine solche Lösung plädieren. Wir fordern darüber hinaus vom Bundeskanzler, dass er zu seiner früheren Zusage steht und für die finanzschwachen Kommunen eine tragfähige Altschuldenübernahme-Regelung durch den Bund vorlegt.

SPD Eine Altlastenregelung für unverschuldet in Schieflage geratene Kommunen muss kommen.

Bündnis 90/Die Grünen Die Altschulden schränken die Handlungsfähigkeit der Kommunen im Saarland massiv ein.  Deshalb werden wir uns im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Länder, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind, für eine Lösung der Altschuldenproblematik stimmen.

FDP Es gibt in der Ampelkoalition ein klares Bekenntnis, eine Lösung für die Altschuldenproblematik zu finden, für die es in der letzten Bundesregierung leider keine Mehrheit gab.

5. Wie sieht aus Ihrer Sicht eine gerechte und tragfähige Reform des kommunalen Finanzausgleichs aus, planen Sie zur verbesserten Finanzausstattung eine Aufstockung des vertikalen Finanzausgleiches?

CDU Viele Kommunen sind nach wie vor in einer schwierigen finanziellen Situation. Für die Lebens- und Standortqualität im Saarland ist dies auch aus der Sicht der CDU Saar eine schwere Hypothek. Der Saarlandpakt entfaltet hier zwar seine Wirkung und entlastet die Kommunen bei den Kassenkrediten, zugleich wachsen jedoch die Aufgaben und Investitionsbedarfe immer weiter an. Wir werden daher den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich im Saarland als wichtige Einnahmequelle der kommunalen Ebene kurzfristig erneut begutachten und regelmäßig evaluieren, um eine faire Mittelverteilung auf Basis tatsächlicher Bedarfe zu gewährleisten, und Verbesserungsmöglichkeiten entsprechend der unabhängigen Gutachten umsetzen.

SPD Die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs ist an mangelnder Transparenz und einer unzureichenden Grundlage gescheitert: Wir werden zu Beginn der Legislaturperiode die tatsächlichen Bedarfe der Landkreise und des Regionalverbands und der Städte und Gemeinden zur Er-füllung ihrer Aufgaben gutachterlich ermitteln und auf dieser Basis einen neuen Anlauf starten. Dabei werden wir nicht nur die horizontale Verteilung zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften in den Blick nehmen, sondern auch die vertikalen Finanzströme sowie die Aufgaben- und Verwaltungsstrukturen.

Bündnis 90/Die Grünen Eine Aufstockung des vertikalen Finanzausgleichs ist unbedingt erforderlich. Notwendig ist eine Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichsgesetzes, das mittlerweile 38 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß ist, was die Bedarfskriterien angeht.

FDP Wir Freie Demokraten fordern eine Novellierung des kommunalen Finanzausgleiches. Die seit 38 Jahren unveränderte Aufteilung der Verbundsteuern muss hinterfragt und die horizontale Mittelverteilung gemäß der im Jahr 2021 vorgelegten gutachterlichen Bewertung angepasst werden. Die Vorwegentnahme des Landes ist zu beenden. Ein im März 2021 vorgelegtes und im Auftrag des Innenministeriums erstelltes Gutachten kam zu dem Schluss, dass die Verteilung der Mittel unter den Kommunen nicht deren tatsächlichem Bedarf entspricht. Der Herausforderung, das System zu überarbeiten, muss sich eine neue Landesregierung stellen.

6. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um den Anstieg der Kreis- beziehungsweise Regionalverbandsumlagen abzumildern?

CDU Als CDU Saar wissen wir um die Bedeutung der Landkreise und des Regionalverbandes, die sich gerade auch bei der Pandemiebewältigung in den vergangenen Jahren, aber auch bei anderen zentralen Aufgaben gezeigt hat. Mit Blick auf die Umlagenentwicklung im Saarland werden wir aber eine Prüfung dahingehend anregen, ob und inwieweit eine präzisere Steuerung der Kosten der Landkreise und des Regionalverbandes möglich ist.

SPD Denkbar wäre eine weitere Beteiligung des Bundes an den Sozialausgaben, z.B. dauerhafte Übernahme der Kosten der KdU.

Bündnis 90/Die Grünen Über die Umlagen werden die gesetzlichen Pflichtaufgaben der Gemeindeverbände finanziert. Einerseits müsste ein größerer Teil dieser Pflichtaufgaben, in der Regel Ausführungen der Bundesgesetze, auch vom Bund finanziert werden. Andererseits hängt der Umfang der Finanzierung der Kreise bzw. des Regionalverbands stets auch mit den Schlüsselzuweisungen des Landes zusammen. Hier mangelt es an Transparenz und Berechenbarkeit, eine Reform ist dringend erforderlich. Da die Gemeindeverbände kaum eigene Einnahmen haben, sollten sie auch perspektivisch am Steueraufkommen beteiligt werden.

FDP Wir wollen konkret prüfen, welche Möglichkeiten der Abmilderung es gibt. Finanziell belastete Kommunen sollen in ihrem Spielraum nicht begrenzt werden, ohne dabei die Kreise zu belasten.

7. Welche Maßnahmen planen Sie, um pandemiebedingte Kosten bei kommunalen Großkrankenhäusern aufzufangen?

CDU Als finanziellen Ausgleich für frei gehaltene oder zusätzliche Krankenhausbetten in der Corona-Pandemie haben Kliniken, darunter auch die kommunalen Kliniken des Landes, bis Mitte 2021 rund 245 Millionen Euro bekommen. 18 Krankenhäuser erhielten im Verfahren nach § 21 Absatz 5 KHG einen pauschalen Bonus für zusätzlich geschaffene oder vorgehaltene Intensivbetten in Höhe von 15,15 Mio. Euro. 22 Krankenhäuser erhielten im Verfahren nach § 21 Absatz 1 KHG, im Zeitraum vom 16.03.2020 bis 30.09.2020, für Einnahmeausfalle insgesamt rund 138,8 Mio. Euro. Im Rahmen des Verfahrens gemäß § 21 Absatz 1a KHG, das vom 18.11.2020 bis 15.06.2021 galt, erhielten 14 Krankenhäuser rund 90,6 Mio. Euro für erlittene Einnahmeausfälle.
Die beschleunigte Weiterentwicklung einer zukunftstauglichen, modernen Gesundheitsversorgung im ländlichen und städtischen Raum ist für uns als CDU Saar darüber hinaus eine zentrale Konsequenz aus der Corona-Pandemie. Hierfür brauchen wir ein abgestuftes und vernetztes Gesundheitsversorgungskonzept, das die Möglichkeiten der Telemedizin und der digitalen Vernetzung gezielt nutzt. Im Rahmen eines langfristig tragfähigen Landeskrankenhausplanes werden wir die stationären und ambulanten Angebote optimal miteinander vernetzen und mit neuen innovativen Versorgungskonzepten verbinden.

SPD Bis jetzt wurde diese Frage noch nicht an uns herangetragen.

Bündnis 90/Die Grünen Pandemiebedingte Kosten müssen durch den Bund aufgefangen werden. Es ist wichtig, die Liquidität der Krankenhäuser durch entsprechende Ausgleichszahlungen aufrechtzu-erhalten. Grundsätzlich muss die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser im Hinblick auf eine Verbesserung überprüft werden.
Auf Bundesebene setzten wir uns daher für eine entsprechende Ausgestaltung im Zuge des im Koalitionsvertrags vorgesehenen Bund-Länder-Paktes ein.

FDP Wir fordern eine Finanzierung der Krankenhäuser, die sowohl den inzwischen entstandenen Investitionsstau berücksichtigt als auch eine Eigenbeteiligung der Krankenhäuser bei Investitionen zu Lasten des Personalbudgets unnötig macht. Diese Mittel sind im Landeshaushalt auszuweisen und durch Verpflichtungsermächtigungen oder gesetzliche Festlegungen abzusichern. Im Saarland weisen die Akutkrankenhäuser einen riesigen Investitionsstau auf. Die jährlichen notwendigen (Re-)Investitionen belaufen sich auf 60 Millionen Euro. Diese Summe muss aus Mitteln des Landes und des Bundes aufgebracht werden, damit die Krankenhäuser sowohl baulich als auch hinsichtlich ihrer Einrichtung und Technik einen modernen Standard erreichen können.