Aktionsbündnis im Bundestag: „Ohne Altschuldenlösung stecken wir in der Vergeblichkeitsfalle“

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Der Kommunalausschuss des Bundestags hat sich in seiner jüngsten Sitzung ausführlich mit der Finanzsituation der Kommunen beschäftigt. Das Ergebnis: Die Lage hat sich verschlechtert, aber es gibt Möglichkeiten, den Städten und Gemeinden zu helfen. Bund und Länder müssen sie nur endlich ergreifen.

Apostolos Tsalastras, Kämmerer der Stadt Oberhausen, bei einer Aktion des Bündnisses “Für die Würde unsrer Städte”. In Berlin warnte er jetzt eindringlich vor einer “Vergeblichkeitsfalle” für die finanzschwachen Kommunen. Foto: Andreas Endermann

In Oberhausen machen die Sozialausgaben einen Großteil des Haushalts aus. Bund und Länder erstatten nur etwa 40 Prozent der Summe, den Rest muss die Stadt selbst aufbringen. Der Betrag entspricht in etwa den gesamten Steuerträgen der Kommune. Die Stadt Schwerin konnte vier Jahre lang eine Skateranlage nicht mit Beleuchtung ausstatten, obwohl sie ein wichtiger Treffpunkt für die jungen Menschen der Stadt ist und durch Streetworker flankiert wird. Die Stadt Pirmasens in Rheinland-Pfalz kann aufgrund ihrer Haushaltslage Maßnahmen, zu deren Umsetzung sie eigentlich gesetzlich verpflichtet ist, nicht beauftragen. Dazu zählen Brandschutzmaßnahmen an einem Gymnasium und die Sanierung eines Schuldachs.

Mit diesen drei Beispielen hat Apostolos Tsalastras als Vertreter des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ am Mittwoch (14. Juni) im Bundestag die heikle Lage der finanzschwachen Kommunen in Deutschland vor Augen geführt. Dabei verdeutlichte er, dass die Betroffenen weitgehend unverschuldet in diese Situation geraten sind: Strukturwandel und immer mehr Aufgaben, die Bund und Länder an die Kommunen übertragen, ohne die tatsächlichen Kosten auszugleichen, haben zu hohen Schuldenständen geführt.

Diese Last ist so gewaltig, dass die Kommunen sich trotz aller Anstrengungen nicht allein davon befreien können. „Ohne eine Altschuldenlösung und eine faire Finanzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen stecken wir in einer Vergeblichkeitsfalle“, sagte Tsalastras in Berlin. Die Kommunen drohen ihre Handlungsfähigkeit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu verlieren.

Der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen hat sich deshalb nun intensiv mit den Fragen der Finanzierung der Städte und Gemeinden beschäftigt. Ausgangspunkt dabei waren drei Ergebnisse des Kommunalpanels der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW):

  1. Vulnerable Kommunen haben besondere Schwierigkeiten, ihre Aufgaben zu erfüllen.
  2. Die Investitionsfinanzierung der Kommunen verschiebt sich weiter in Richtung Fördermittel und Kredite – unter anderem wegen der steigenden Zinsen.
  3. Der Dauerkrisenmodus bremst die kommunale Klimatransformation aus.

Das Aktionsbündnis und die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände bestätigten diese Ergebnisse und stellten den Ausschussmitgliedern Lösungen für die Probleme vor:

  1. Eine Altschuldenregelung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Bund sei aufgrund seiner Mitverantwortung für die Lage der Kommunen auch für die Lösung mitverantwortlich, alle Ebenen des Staates müssten ihren Beitrag leisten. Das schließt ausdrücklich auch Eigenanteile der Kommunen ein.
  2. Eine Reform der Förderpolitik von Bund und Ländern hin zu einer stärkeren Pauschalierung, zum Verzicht auf Eigenanteile sowie zu einer langfristigen Orientierung der Programme
  3. Ein höherer Anteil des Bundes und der Länder an den Soziallasten der Kommunen, zum Beispiel in der Jugend- und bei der Eingliederungshilfe.
  4. Eine finanzielle Ausstattung der Kommunen, die es ihnen ermöglicht, ihre Aufgaben selbständig und angemessen wahrzunehmen.

Die Politikerinnen und Politiker im Ausschuss zeigten viel Verständnis für die Situation und stellten Hilfen in Aussicht. Apostolos Tsalastras unterstrich die Dringlichkeit am Ende mit zwei Sätzen: „Wir haben in den jüngsten Krisen gezeigt, dass wir sie mit Hilfe des Bundes meistern können. Die Kommunen haben es deshalb verdient, auf eine angemessene finanzielle Basis gestellt zu werden.“